Novum2 stellt einen Arbeistort anderer Art dar, wo man nicht nur übergreifende und technische Fähigkeiten erlernen und weiterentwickeln kann, sondern auch relationale und soziale Fähigkeiten, wodurch das Wachstum des einzelnen gefördert und ein Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität jedes einzelnen geleistet wird. In diesem Sinne achtet Novum2 auch auf die Gesundheit und verfügt über die nötige Flexibilität, um den besonderen gesundheitlichen und relationalen Bedürfnissen einiger, inbesondere heranwachsender Nutzer entgegen zu kommen. Wesentliches Kriterium in der Beziehung zwischen unserer Genossenschaft und und seinen Beschäftigten ist die Achtung vor dem Angehörigen einer anderen Kultur, Ethnie und Religion. Eine wesentliches Verbindungsglied bildet dabei eine ganz und gar konfessionsfreie Arbeitsethik, die auf der Achtung vor dem Gesetz, der Anerkennung der verschiedenen beruflichen Qualifizierungen sowie der Fähigkeit und dem Einsatz jedes einzelnen beruhen.
Der Ausbildungsweg verläuft am effizientesten, wenn er in einen psychisch-sozialen Unterstützungsprozess eingebettet ist, welcher entweder von den örtlichen Diensten oder von der Sozialgenossenschaft durchgeführt wird, und zwar in letzterem Falle in Absprache mit den entsendenden Diensten. Aus unserer Sicht haben Maßnahmen gegenüber den Nutzern globale Bedeutung, wobei nicht nur die Ausbildung am Arbeitsplatz im engeren Sinne zu berücksichtigen ist, sondern darüberhinaus auch die verschiedenen Dynamiken zwischen den Personen an einem komplexen Ort wie Novum2 eine wesentliche Rolle spielen. Es ist daran zu erinnern, dass das Herkunftsmilieu unserer Nutzer abgesehen von den besonderen psychologischen Schwierigkeiten in jedem Einzelfall fast durchgängig aus sehr unstabilen sozialen Ökosystemen besteht.
Die verschiedenen Sektoren bei Novum2 bieten differenzierte Formen der Arbeitseingliederung, sei es weil die dort ausgeübten beruflichen Tätigkeiten stark voneinander abweichende berufliche Inhalte und Ausbildungszyklen aufweisen, sei es wegen der Arbeitsbedingungen (innerhalb oder außerhalb der Struktur, mehr oder weniger festgelegtes Umfeld und Räumlichkeiten), sei es wegen der Art der betreffenden Tätigkeiten (größere oder geringere Kreativität), sei es aufgrund des Charakters der Gruppe und des Abteilungsleiters (Fähigkeit zur Regelung ?sozial? kritischer und/oder spezifischer Alltagssituationen).
Die Eingliederungen erfolgen nicht ausgehend von der Pathologie der Nutzer, da die Möglichkeiten zur Arbeitseingliederung nicht von einer derartigen medizinisch begründeten Einteilung abhängen, sondern anhand von Kriterien persönlicher Natur des Nutzers, wobei die eventuelle medizinische Diagnose lediglich ein äußeres und unpersönliches Element darstellt. Novum2 hält insbesondere eine systemisch-relationale Vorgehensweise für angezeigt. Novum2 ist überzeugt, dass ein Arbeitnehmer ein Beziehungsumfeld benötigt, in welchem selbiger Anerkennung findet, damit seine Rolle innerhalb des Systems einen Sinn erhält.
Novum2 bietet ihren Beschäftigten entsprechend ihren Fähigkeiten eine Ausbildung am Arbeitsplatz durch interne und externe Ausbildungskurse sowie durch eine kollektive regelmäßige Kontrollaufsicht. Wir sind überzeugt, dass die Ausbildung eine wesentliche Investition darstellt, um den Beschäftigten qualitätsorientierte Dienste, Unterstützung, Motivation und Qualifikation zu garantieren. Wir sind sicher, dass bei der Arbeit mit Personen in Schwierigkeiten ein erfolgversprechender Weg in erster Linie über die Entwicklung von Beziehungskompetenzen führt, und zwar noch vor der Arbeitskompetenz. Wer die Folgen einer unvollständigen Arbeitsausbildung und darüber hinaus die langwierigen Folgen schwerer familiärer Traumata sowie emotionaler und sozialer Verwahrlosung in sich trägt, hat in der Tat ein Recht auf Personen in seinem Umfeld, die abgesehen von ihrer Qualifikation in den spezifischen Produktionsbereichen über die entsprechende Sensibilität und Fähigkeit verfügen, um in schwierigen Beziehungssituationen helfen zu können.
Eingliederungsmethode
In den vergangenen Jahren hat Novum2 immer weitergehende Methoden zur Arbeitseingliederung erarbeitet, die sowohl den Ausbildungsinhalt als auch das Potential der Nutzer berücksichtigen.
Im Jahre 2001 wurden erstmals Überprüfungstabellen mit Bewertungskriterien verwendet, um die Projekte und den Ausbildungsstand der Nutzer fortlaufend unter Kontrolle zu haben.
Die Tabellen wurden erarbeitet, um zwei Ausbildungsstufen zu bewerten:
- übergreifende Kompetenzen, die für jedwede Tätigkeit von Bedeutung sind: Pünktlichkeit, Arbeitsanwesenheit, Kontinuität, Einhaltung von Regeln und Rollen, Achtung vor Kollegen, Einsatz, Interesse, Arbeitsautonomie, persönliches Erscheinungsbild, Anpassungsfähigkeit, Gebrauch von Arbeitskleidung und Arbeitsschuhen, Initiative, Sinn für Verantwortung, Einhaltung von Zeiten und Fristen, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Interaktion;
- technische Kompetenzen, und zwar Handfertigkeit und/oder besondere Fertigkeiten. Für jede Abteilung wurde eine Tabelle mit sämtlichen Zielvorgaben erstellt, die von den in der betreffenden Abteilung eingegliederten Person zu erreichen waren. Das Erreichen sämtlicher Zielvorgaben bedeutet den Erwerb der beruflichen Fertigkeit, das heißt der für bestimmte Abteilung typischen technischen Fähigkeit.
Die Überprüfungstabellen wurden in der Genossenschaft alle 3-4 Monate in Anwesenheit des Abteilungsleiters und des Nutzers ausgefüllt. Der erste Teil der Bewertung beinhaltete eine Selbstbeurteilung seitens des Nutzers, und zwar sowohl hinsichtlich der übergreifenden als auch der technischen Kompetenzen, woran sich eine Beurteilung durch den Abteilungsleiter und die Leiterin des sozialen Bereichs anschloss. Dies diente abgesehen von einer fortdauernden Kontrolle des Projekts auch zum Verständnis dessen, wie der Nutzer selbst sein eigenes Projekt wahrnahm, in dem er die Hauptraolle spielte. Abschließend wurde bei der Ausfüllung gemeinsam mit dem Nutzer festgelegt, welche Kompetenzen zu verbessern waren.
Im Jahre 2004 wurde eine neue Methode zur Arbeitseingliederung erarbeitet, die von der Theorie des ?Situierten Lernens? ausgeht, wonach das Lernen einen sozialen Prozess darstellt, der durch Interaktion zwischen der Lehrperson und dem Lernenden innerhalb eines personenexternen situativen und eines personeninternen kognitiven Handlungskontextes statt. Die Bedeutung dieser Theorie beruht im Wesentlichen auf folgenden Aussagen:
- jedwede Umwelt und sämtliche Daseinsbereiche haben eine erzieherische Valenz;
- Lernen vollzieht sich immer an physischen Orten in äußeren Handlungskontexten;
- Lernen findet immer im Zusammenhang mit einer sozialen Interaktion statt;
- der Lernende handelt insoweit aktiv, als er die Informationen nicht passiv aufnimmt, sondern diese in Bezug auf die durchzuführende Aufgabe hinterfragt;
- beim Lernvorgang findet ein Übergang vom rein deklaratorischen Wissen (auf Informationen beschränkter Übergang) zu einer prozessualen Kenntnis (Lernen des Handlungsablaufprozesses) statt;
- Situiertes Lernen mittels Zuweisung von realen Aufgaben ermöglicht die Überprüfung der Fähigkeiten und Schwierigkeiten des Lernenden;
- auf praktischen und realen Aufgaben beruhendes situiertes Lernen stimuliert den Lernenden fortwährend zu einer Verbesserung seiner Leistung und damit seiner Kenntnisse.
Ausgehend von diesen Überlegungen sind wir zu einer kritischen Überprüfung der bisher angewendeten Bewertungsmodalitäten gelangt. Insbesondere erschienen uns die seit 2001 für technische Kompetenzen verwendeten Kriterien nicht mehr angemessen, auch soweit diese im Bereich übergreifender Kompetenzen noch sinnvoll sein mochten. Wir haben daher versucht, eine effiziente Methode zu erarbeiten, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Genossenschaft ein Ort zum Lernen ist:
- Die Arbeitnehmer werden in ein Beziehungssystem eingegliedert, in dem sie durch sie durch Interaktion mit dem Abteilungsleiter und die Zusammenarbeit mit den Kollegen lernen. Der Abteilungsleiter ist dabei einerseits Lehrperson, andererseits auch und vor allem Arbeitnehmer, da er aus der Arbeitswelt hervorgeht;
- das Lernen in der Genossenschaft hat eine erzieherische Valenz. Die Arbeitnehmer lernen Arbeitsregeln und erwerben spezifische technische Kompetenzen;
- der Arbeitnehmer ist insoweit aktiv, als das, was er gelernt hat, in die Praxis umsetzen kann; die Werkstatt als Arbeitsplatz ist dabei Ort zum Lernen;
- der Arbeitnehmer trainiert seine Kenntnisse über die Vorgehensweise zur Durchführung der ihm übertragenen Aufgabe. Das Erlernen der Vorgehensweise bei der Durchführung der Aufgaben ist von Bedeutung, da es mentale Flexibilität schafft und die Eigeninitiative bei Schwierigkeiten fördert.
Diese Erwägungen haben uns zur Frage nach dem am besten geeigneten Weg geführt, um das Lernen zu erleichtern und dem einzelnen bei der Überwindung der Schwierigkeiten zu helfen.
Wir haben daher ein Verfahren zur Überprüfung des Lernfortschritts festgelegt, mit wir zusammen mit der betreffenden Person zugleich eventuelle Lernhindernisse erkennen können, um gezielte Maßnahmen ihrer Überwindung zu ergreifen.
Seit Ende des Jahres 2004 erfolgen die Überprüfungen daher in der jeweiligen Abteilung in Anwesenheit des Abteilungsleiters und des Sozialassistenten der Genossenschaft. Der Nutzer wird eine Woche zuvor von der Art der Überprüfung in Kenntnis gesetzt (es handelt sich um die in der Abteilung üblicherweise vorkommenden praktischen Aufgaben) und hat damit die Möglichkeit zur Vorbereitung. Das Augenmerk der Überprüfung richtet sich dabei nicht nur auf die organisatorische Fähigkeit, das Verstehen der Aufgabe, die Kenntnis und den Gebrauch der Werkzeuge, den Zeitaufwand bei der Durchführung sowie die Präzision, aber auch Initiative, die Autonomie, die Konzentration, das Umgehen mit Leistungsangst und das Verhalten während der Durchführung. Das Ergebnis der Überprüfung ermöglicht dem Leiter, dem Sozialassistenten und dem Nutzer, Hemnisse herauszuarbeiten und Strategien zu ihrer Überwindung zu entwickeln.